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Erstmals Kurzschluss von Magnetfeldlinien auf der Sonne beobachtet

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Einem internationalen Forscherteam mit Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) ist es erstmals gelungen einen Magnetischen Kurzschluss auf der Sonne direkt und im Detail zu beobachten. Mit ihren Ergebnissen konnte das Team theoretische Berechnungen bestätigen.

Vereinen sich zwei Magnetfeldlinien zu einer neuen, die das Magnetfeld quasi „kurzschließt“, so spricht man von magnetischer Rekonnexion. Diese Ereignisse setzen enorme Mengen von Energie frei und spielen auf der Sonne, wo sie häufig vorkommen, eine wichtige Rolle bei der Aufheizung der oberen Atmosphärenschichten.

Die direkte Beobachtung dieses Phänomens ist jedoch schwierig, denn die Rekonnexion läuft sehr schnell ab. Zudem sind die Strukturen, die es dabei in der Sonnenatmosphäre zu beobachten gilt, sehr klein. Einem internationalen Forscherteam mit Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) ist es nun erstmals gelungen, einen solchen Kurzschluss direkt und im Detail zu beobachten. Mit ihren Ergebnissen konnte das Team theoretische Berechnungen bestätigen.

Überall im Universum spielen Magnetfelder eine entscheidende Rolle, sei es bei der Entstehung der ersten Strukturen im frühen Universum, bei der Sternentstehung oder bei den Aktivitätszyklen der Sonne und anderer Sterne. Oft stellt man sich Magnetfeldlinien wie Fäden vor, die zwei Pole mit entgegen gesetzter Polarität verbinden. Anders als Fäden können sich die realen Feldlinien aber lösen und neu verbinden und so die Struktur des Magnetfeldes völlig umbauen. Dieses Phänomen nennt man magnetische Rekonnexion.

Dabei werden große Mengen magnetischer Energie in andere Formen von Energie umgewandelt, zum Beispiel in Bewegungsenergie, wenn Teilchen beschleunigt werden oder in thermische Energie, wenn das umliegende Plasma aufgeheizt wird. Mittels theoretischer Berechnungen wurde vorhergesagt, wie eine Rekonnexion im Detail ablaufen müsste, eine Bestätigung dieser Theorien durch Beobachtungsdaten gestaltet sich aber äußerst schwierig.

Nun gelang erstmals eine direkte Beobachtung. Durch das Freisetzen von Energie stellt magnetische Rekonnexion einen der wichtigsten Mechanismen dar, der die äußerste Schicht der Sonnenatmosphäre, die sogenannte Korona, aufheizt. Diese ist mit ihren eine Million Grad wesentlich heißer als die darunter liegenden Schichten, und die Ursachen dafür sind noch nicht vollständig verstanden. Mit bloßem Auge ist die Korona nur während einer totalen Sonnenfinsternis sichtbar.

Im ultravioletten Licht lässt sie sich mit geeigneten Instrumenten dagegen ständig beobachten, zum Beispiel mit dem Instrument Atmospheric Imaging Assembly (AIA) an Bord des Forschungssatelliten Solar Dynamics Observatory (SDO). Bilder dieses Satelliten, sowie zeitgleich durchgeführte Magnetfeldmessungen mit dem Instrument Helioseismic and Magnetic Imager (HMI) – ebenfalls an Bord von SDO – haben die Forscher für ihre Studie nun ausgewertet und entdeckten dabei eine besonders wichtige Variante der Rekonnexion, eine sogenannte X-Typ Rekonnexion. Bei dieser bereits theoretisch vorhergesagten Variante sind die Feldlinien für kurze Zeit in Form eines X angeordnet.

he Temperaturen (dargestellt durch rote und gelbe Farben) im x-förmigen Bereich in dem die Rekonnexion stattfindet. Die gestrichelten beziehungsweise gepunkteten Linien zeigen den Verlauf der magnetischen Feldlinien und definieren die charakteristische X-Form. In den roten Bereichen beträgt die Temperatur einige Millionen Grad. L2 und L3 markieren die Koronastrukturen die sich im Lauf der Rekonnexion miteinander verbinden. Die Aufnahme hat eine Seitenlänge von 90000 Kilometern. Die kleinen Bereiche mit hoher Temperatur in der Nähe der grünen und roten Pfeile haben jeweils einen Durchmesser von 3000 Kilometern, sind also größer als Europa. Bild: Key Laboratory of Solar Activity/NAO, Chinese Academy of Sciences
Hohe Temperaturen (dargestellt durch rote und gelbe Farben) im x-förmigen Bereich in dem die Rekonnexion stattfindet. Die gestrichelten beziehungsweise gepunkteten Linien zeigen den Verlauf der magnetischen Feldlinien und definieren die charakteristische X-Form. In den roten Bereichen beträgt die Temperatur einige Millionen Grad. L2 und L3 markieren die Koronastrukturen die sich im Lauf der Rekonnexion miteinander verbinden. Die Aufnahme hat eine Seitenlänge von 90000 Kilometern. Die kleinen Bereiche mit hoher Temperatur in der Nähe der grünen und roten Pfeile haben jeweils einen Durchmesser von 3000 Kilometern, sind also größer als Europa.
Bild: Key Laboratory of Solar Activity/NAO, Chinese Academy of Sciences

„Wir sehen hier ein Musterbeispiel für eine X-Typ Rekonnexion mit allen Details, die die Theorie vorhergesagt hat“ schwärmt Prof. Hardi Peter vom MPS. Er war an der Auswertung der Daten beteiligt und setzte sie in Bezug zu den Berechnungen. Besonders beeindrucken ihn die deutlich sichtbaren Plasmoiden. So nennt man Taschen, die durch das Magnetfeld von der Umgebung isoliert sind: „Die Magnetfeldlinien nehmen die Form eines X mit einem verlängertem Balken im Schnittpunkt an. Dort sieht man kleine Inseln aus Magnetfeldern, in denen eine höhere Temperatur herrscht, genau wie von der Theorie vorhergesagt!“

Zwar hatten Beobachter schon nach diesen rundlichen Regionen mit erhöhter Temperatur Ausschau gehalten, Hinweise darauf wurden aber nur selten gefunden, vor allem nicht in solcher Klarheit wie in dieser Studie. Mit dieser Beobachtung hat sich nun bestätigt, dass heiße Plasmoide bei magnetischen Kurzschlüssen in der Sonnenatmosphäre eine wichtige Rolle spielen. Damit eröffnen sich neue Aspekte bei der Interpretation auch anderer Phänomene auf der Sonne. So unterstützen diese Ergebnisse die Theorien, nach denen spektroskopische Signaturen in kleinsten, nicht aufgelösten Strukturen ebenfalls von Plasmoiden herrühren könnten.

Über ihre Beobachtungen berichten die Wissenschaftler in der Zeitschrift Nature Physics.

 

Originalveröffentlichung

Quelle: MPS

Leping Li et al: Magnetic reconnection between a solar filament and nearby coronal loops, Nature Physics, 9. Mai 2016, DOI:10.1038/nphys3768

Dominik Zgrzendek

Mein Name ist Dominik Zgrzendek, ich bin 33 Jahre alt und Gründer des Weblogs "Sonnen-Sturm.info". Die Astronomie, sowie die Beobachtung der Sonne, ist ein langjähriges Hobby von mir. Mit dieser Seite möchte ich euch an meinem Hobby teilhaben lassen und hoffe so, einige für die Astronomie begeistern zu können!

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