Sonnenaktivität schuld am Klimawandel?

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Einfluss der Sonnenaktivität auf den Klimawandel geringer als bisher angenommen

Die Sonne ist ein wichtiger Faktor für das Klima der Erde. Die Sonnenaktivität steigt und fällt in einem ca. Elf-Jährigen Zyklus, und die Stärke dieser Zyklen kann sehr stark schwanken. Deshalb wird regelmäßig spekuliert, was denn passieren würde, wenn die Sonnenaktivität über einen längeren Zeitraum sehr niedrig ausfällt. Die Wissenschaftliche Antwort lautet – Nicht viel!

Die Internationale Astronomische Union (IAU) berichtete vor wenigen Wochen, dass die Sonnenaktivität weniger Einfluss auf die aktuell Klimaerwärmung hat, als bisher angenommen. Ein Methodischer Fehler bei der Zählung der Sonnenflecken soll schuld an dieser Annahme sein. Nach einer Neukalibrierung der Methode gebe es nun keinerlei Hinweise mehr auf einen signifikanten Anstieg der solaren Aktivität seit Beginn der Industrialisierung.

Sonnenflecken sind ein Indiz für eine hohe Aktivität der Sonne.
© NASA/SDO

Welche Folgen hätte eine „kalte Sonne“ für das Klima der Erde?

Antworten können einerseits Aufzeichnungen über das Klima während zurückliegender  Ruhephasen der Sonne geben, andererseits computergestützte Klimamodelle. Wichtig ist dabei, nicht nur lokale Temperaturänderungen zu betrachten, sondern deren weltweiten Durchschnitt:

  • Eine Untersuchung des Maunder-Minimums ergab, dass einige Regionen der Erde damals stark abkühlten (zum Beispiel Mitteleuropa), in anderen jedoch die Temperatur stabil blieb oder gar stieg; global gesehen änderte sich relativ wenig, die Erdmitteltemperatur sank um lediglich 0,3 bis 0,4 Grad Celsius (Shindell 2001). Hier zeigte sich, dass der Einfluss der Sonne begrenzt ist. So trug die Sonne auch zur Erderwärmung der vergangenen hundert Jahre nur etwa ein Zehntel bei (Lean/Rind 2008).
  • Feulner/Rahmstorf (2010) simulierten im Computer, was bei einer Wiederholung des Maunder-Minimums im kommenden Jahrhundert passieren würde. Ihr Ergebnis war dasselbe: eine „moderate Temperaturminderung“ von „höchstwahrscheinlich 0,1 Grad Celsius“, jedenfalls „nicht mehr als 0,3 Grad Celsius im Jahr 2100“. Abbildung 1 stellt die Ergebnisse grafisch dar.
    Abbildung 1: Veränderung der Erdmitteltemperatur von 1900 bis 2100 (relativ zum Niveau 1961-1990), blau dargestellt sind die Messdaten der Vergangenheit, rot und violett die Entwicklung für zwei verschiedene Szenarien des IPCC zum Ausstoß menschengemachter Treibhausgase – die durchgehende rote bzw. die violette Linie zeigen die Entwicklung bei unveränderter Sonnenaktivität, die gestrichtelten Linien jene bei Eintritt eines neuen Tiefpunkts der Sonnenaktivität („Grand Minimum“) von der Größenordnung des Maunder-Minimums; Quelle: Feulner/Rahmstorf 2010

Sonnenflecken als Indikatoren

Nimmt die Einstrahlung der Sonne ab, so wie beispielsweise in Phasen geringer Aktivität, dann wird es auf der Erde auch kühler. Die „kleine Eiszeit“ im später 17. Jahrhundert soll wahrscheinlich durch das Mauder-Minimum der Sonnenaktivität verursacht worden sein. Wie stark der Einfluss der Sonne damals wirklich war, ist jedoch sehr umstritten.

Noch umstrittener ist die Rolle der natürlichen Schwankungen der Sonnenaktivität auf die aktuelle Klimaerwärmung. Das Problem bisher ist, dass es zwei auf verschiedenen Zählmethoden von Sonnenflecken beruhende Interpretation historischer Sonnenaktivität gibt – diese widersprachen sich bisher.
„Die Sonnenfleckenzahl ist die einzige direkte Aufzeichnung darüber, wie sich der solare Zyklus über mehrere Jahrhunderte hinweg entwickelt hat“, erklärt die Internationale Astronomische Union (IAU).

Die sogenannte Wolf Sunspot Number (WSN) ermittelt die solare Aktivität sowohl anhand der Anzahl der Sonnenfleckengruppen als auch an der Gesamtzahl der Flecken innerhalb aller Gruppen. Weil aber die Beobachtungsmethoden gerade früher Astronomen wie Galileo Galilei nur größere Sonnenflecken oder Gruppen erfassen konnten, ließen sich damit ältere Aufzeichnungen nur bedingt auswerten.

Bisher (oben) gab es deutliche Diskrepanzen zwischen der Wolf-Methode (blau) und der Group Sunspot Number (rot). Nach der Neukalibrierung (unten) sind diese kaum noch vorhanden

Hat die Sonnenaktivität zugenommen?

1998 würde die Group Sunspot Number (GSN) eingeführt. Sie wertete nur die Anzahl der Sonnenfleckengruppen aus und konnte daher auch sehr alte Beobachtungen mit einbeziehen. Doch schnell zeigten sich Abweichungen dieser neuen Methode von der alten. Nach ihr stieg die solare Aktivität seit dem 18. Jahrhundert kontinuierlich an und erreichte im späten 20. Jahrhundert einen Höhepunkt – das sogenannte Modern Grand Maximum. In der Methode nach Wolf war von dieser Zunahme jedoch nichts zu erkennen.

Aber welche Methode hat Recht? Um das herauszufinden, hat ein Forscherteam um Frédéric Clette vom World Data Centre des internationalen Wissenschaftsrats ICSU und Ed Cliver vom US National Solar Observatory nun beide Methoden noch einmal genau überprüft und anhand neuester Daten kalibriert. Ihre korrigierte Zeitreihe der Sonnenflecken stellten sie nun auf der Generalversammlung der IAU auf Hawaii vor.

Kein Anstieg mehr nachweisbar

Ihr Ergebnis: Die Methodik der Group Sunspot Number-Zeitreihe war fehlerhaft. Auch der vermeintliche Anstieg der Sonnenaktivität zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert hat sich als bloßer Kalibrierungsfehler entpuppt, wie die Forscher berichten. Ach Korrektur und Neukalibrierung erweist sich die Sonnenaktivität nun auch nach der Gruppenmethode GSN als seit rund 300 Jahren relativ stabil.

„Nach Korrektur dieser Diskrepanzen gibt es nun keine substanziellen Unterschiede mehr zwischen den beiden historischen Zeitreihen“, berichtet die IAU. Auch von dem zuvor nur in der GSN-Zeitreihe sichtbaren „Modern Grand Maximum“ im 20. Jahrhundert ist nun offenbar nichts mehr übrig geblieben. „Das macht es schwer, die beobachteten Veränderungen des Klimas seit der industriellen Revolution als signifikant von den natürlichen Trends der Sonnenaktivität beeinflusst zu sehen“, heißt es in dem Statement der IAU.

(International Astronomical Union (IAU), 10.08.2015 – NPO)
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