Raumsonden-Daten: Sonnensturm Vorhersage zu ungenau
RAUMSONDEN FLOTTE ÜBERPRÜFT MODELL RECHNUNGEN
Mehrere Raumsonden beobachten die Sonne rund um die Uhr. Erste Anzeichen eines Sonnensturms zeichnen beispielsweise die Erdsatelliten GOES, sowie die Raumsonden SoHO (Solar and Heliospheric Observatory), STEREO und SDO (Solar Dynamics Observatory) auf. Zusammen mit den Daten weiterer Sonden lassen sich dann Ausbreitungsrichtung und -geschwindigkeit eines Sonnensturms bestimmen. Wissenschaftler haben nun erstmals die Vorhersage von Sonnenstürmen mit den Langzeit-Daten mehrerer Raumsonden verglichen. Oft lagen dabei die Vorhersagen daneben.
Sonnenstürme sind die größten Explosionen im Sonnensystem. Wenn ein sehr starker Sonnensturm auf die Erde trifft, können weitläufige Stromausfälle die Folge sein. Nach bisherigen Schätzungen geschieht dies aber nur alle 50-100 Jahre. Eine neue Studie, die unter der Leitung von IWF-Forscher Christian Möstl verfasst wurde, hat die Daten von fünf Raumsonden um Venus und Merkur sowie im Sonnenwind zur Verifizierung eines Vorhersage-Modells herangezogen (YouTube).
Mit Bildern der STEREO-Mission (YouTube) wurde die Ausbreitung von über 1300 Sonnenstürmen zwischen 2007 und 2014 untersucht – eine Zahl, welche die von früheren Studien deutlich übersteigt. Ein Messgerät, das am IWF für die Mission Venus Express gebaut wurde und sich von 2006 bis 2014 in einer Umlaufbahn um die Venus befand, hat die durch Sonnenstürme verursachten Änderungen im Magnetfeld untersucht und damit die Modellrechnungen überprüft. Mit den weiteren Raumsonden MESSENGER beim Merkur sowie STEREO und Wind in der Nähe der Erdumlaufbahn, die zusammen ein gigantisches Observatorium im inneren Sonnensystem bilden, konnte die aktuelle Ausbreitung der Sonnenstürme mit dem Modell verglichen werden.
„Die Anwendung von Vorhersage-Modellen auf mehrere Planeten ist auch für eine bemannte Mission zum Mars von großer Bedeutung“, so Möstl. „Der Vergleich der Raumsonden-Daten mit den Modellrechnungen zeigt, dass der Fehler in der Ankunftszeit durchschnittlich 14 Stunden beträgt. Außerdem hat nur etwa ein Drittel aller vorhergesagten Stürme den Planeten oder die Raumsonde auch wirklich getroffen.“ Durch eine Weiterentwicklung der Methoden und mit den Daten neuer Missionen wie Solar Orbiter, die in den kommenden zwei Jahren gestartet werden, erhoffen sich die Forscherinnen und Forscher deutliche Verbesserungen. Als Dauerlösung für die nahe Zukunft könnte eine Raumsonde stationär in den Lagrange-Punkt L5 gebracht werden und dort als permanente Weltraumwetter-Station dienen.
Die aktuelle Studie wurde von der Europäischen Kommission und dem österreichischen Wissenschaftsfonds FWF gefördert.
Publikation
Möstl, C., A. Isavnin, P.D. Boakes, et al.: Modeling observations of solar coronal mass ejections with heliospheric imagers verified with the Heliophysics System Observatory, Space Weather, 15, 955-970, doi:10.1002/2017SW001614, 2017